Seit gut einem Jahr steht an der Dresdner Schloßstraße, Ecke Sporergasse, ein ganz besonderes Haus. Jedes Mal auf dem Weg zum Schloss bleibe ich davor stehen und schaue mir das Relief des untersten der drei Erker an. Zunächst dachte ich, es zeige den für Sachsen bedeutsamen „Urvater“ August (Regent 1553-1586) mit Gattin.
Weit gefehlt! Der hier mit Harnisch und Kurschwert plastisch dargestellte Wettiner ist sein Enkel Christian II. (Regent bis 1611). Der brachte es eher mit maßloser Esslust und staatsmännischer Untätigkeit zu regionaler Berühmtheit. Er liebte Ritterspiele und Tourniere und soll alles andere als eine geistige Größe gewesen sein. Legendär ist seine ausufernde Trunksucht. Offenbar erblich bedingt. Vater Christian I. erlag bereits im Alter von 31 Jahren dem Alkohol.
In politischer Hinsicht erwähnenswert ist Christian II. wegen der spektakulären Enthauptung des kursächsischen Kanzlers Dr. Nikolaus Krell am 9. Oktober 1601. Christian hatte sie trotz massiver Proteste angeordnet. Ein Akt des nachträglichen Widerstandes gegen den Vater. Der hatte mit Krells Unterstützung dem Calvinismus zum Vormarsch verhelfen wollen.
Bleibt die Frage, weshalb dieser wenig bedeutsame Christian II. die Fassade eines so prächtigen Bürgerhauses in Dresden schmückt. Das Haus stammt aus der Zeit um 1500. Im Zuge seines Umbaus in den Jahren 1609 bis 1610 wählten die Besitzer das damals regierende Herrscherpaar. Und das war Christin II. und seine dänische Gattin Hedwig Prinzessin von Dänemark.
Nachtrag: Nach einem hitzigen Ringrennen an einem noch hitzigeren Junitag im Jahr 1611 leerte Christian II. mehrere Krüge eiskalten Bieres. Es kam, was kommen musste: Ein Schlaganfall riss ihn aus seinem vergnügungssüchtigen Leben. Da war Majestät gerade mal 28 Jahre alt.